Ein kritischer Blick auf den Neujahrsempfang der Stadt Cuxhaven
Am heutigen Sonntag um 11 Uhr lud die Stadt Cuxhaven zum Neujahrsempfang in die Kugelbakehalle ein. Schon 30 Minuten vor Beginn war die Halle beeindruckend gefüllt – über 1000 Bürgerinnen und Bürger folgten dem Aufruf des Oberbürgermeisters und der Stadtverwaltung. Eine solche Resonanz auf eine politische Veranstaltung wirft Fragen auf, insbesondere vor dem Hintergrund der sonstigen politischen Beteiligung in Cuxhaven.
Während monatliche Ratssitzungen oft vor leeren Stühlen stattfinden und nur eine Handvoll Bürger Interesse zeigt, füllte der Neujahrsempfang die Halle bis zum Rand. Politikverdrossenheit scheint hier ein klares Muster zu sein. Die geringe Beteiligung an Ratsversammlungen signalisiert, dass die Bürgerinnen und Bürger sich nicht für die tatsächlichen politischen Entscheidungsprozesse interessieren. Aber warum diese Ausnahme?
Eine Antwort lieferte eine Teilnehmerin am Eingang: „Hier ist ja auch alles umsonst.“ In der Tat, der Empfang bot ein verlockendes Angebot: Gratis Sekt und Orangensaft beim Empfang, dazu Bier und Kaffee an anderen Ständen – eine Geste der Stadtverwaltung, die auf den ersten Blick großzügig wirkt. Doch wer darüber nachdenkt, erkennt schnell, dass diese scheinbare Wohltat aus den Taschen der Steuerzahler finanziert wird. Die chronisch klamme und hochverschuldete Kommune Cuxhaven, die unter einem Entschuldungsvertrag und einer Stabilisierungsvereinbarung steht, scheint sich dennoch nicht zu schade, Steuergelder für derartige Annehmlichkeiten auszugeben.
Am Rande der Veranstaltung präsentierten sich verschiedene Abteilungen der Verwaltung mit laufenden Projekten. Der neue Klimamanager der Stadt stand für Diskussionen bereit, und auch die Feuerwehr war vor Ort. Die Bühne war festlich mit weißen, grünen und goldenen Luftballons dekoriert, eine große Leinwand sorgte für visuelle Unterstützung. Doch während das Rahmenprogramm professionell wirkte, bot der Kern der Veranstaltung wenig Substanz.
Was als Veranstaltung für alle Bürgerinnen und Bürger angekündigt war, entpuppte sich schnell als Bühne für eine politische Selbstdarstellung des Oberbürgermeisters Uwe Santjer. Die Veranstaltung geriet zur One-Man-Show, in der Santjer seine vermeintlichen Erfolge auflistete und unverhohlen um Unterstützung für eine weitere Amtszeit warb. Besonders irritierend war seine Aussage: „Ich will auch noch nächstes Jahr, in zwei Jahren und ich werde auch in 10 Jahren hier noch stehen.“ Spätestens hier hätten viele Besucher merken müssen, dass sie sich eher auf einer Wahlkampfveranstaltung der SPD als auf einem neutralen Bürgerempfang befanden – finanziert aus der Stadtkasse.
Die Selbstinszenierung des Oberbürgermeisters wurde auf der Großbildleinwand eindrucksvoll untermalt. Immer wieder wurden Bilder von Santjer gezeigt, darunter Szenen, in denen er mit Kindern an einem PC arbeitete oder mit Mitarbeitern des Hauses der Jugend posierte. Die Leinwand vermittelte den Eindruck, dass Cuxhaven allein von ihm gestaltet und entschieden wird. Dabei hätte es eine nette Geste sein können, auch andere Entscheider und Gestalter der Stadt zu präsentieren. Zahlreiche engagierte Personen und Gruppen prägen das Leben in Cuxhaven – sie mit einzubeziehen, hätte der Veranstaltung mehr Ausgewogenheit und Glaubwürdigkeit verliehen.
Auch bemerkenswert war die Anwesenheit von Daniela Behrens (SPD), der niedersächsischen Innenministerin. Ihre Präsenz wirft Fragen auf, denn genau sie wird in naher Zukunft den Haushalt der Stadt Cuxhaven prüfen müssen – ein Haushalt, der mit erheblichen neuen Schulden belastet ist. Es bleibt unklar, ob sie sich bewusst ist, dass die Stadtverwaltung tausende Euro Steuergelder für Sekt, Orangensaft und andere Annehmlichkeiten ausgibt, während Cuxhaven genau mit ihrem Ministerium einen Entschuldungsvertrag zu erfüllen hat. Diese symbolische Großzügigkeit mag kurzfristig Eindruck machen, hinterlässt jedoch langfristig einen faden Beigeschmack.
Die Beispiele, mit denen Santjer die Besonderheit seiner Stadt untermauern wollte, waren ebenfalls fragwürdig. Ein Passant, der einen Messerangreifer stoppte, und ein Bürger, der nach einem Zimmerbrand schnell eine neue Bleibe fand, wurden als Alleinstellungsmerkmale Cuxhavens hervorgehoben. Solche Ereignisse sind jedoch keine exklusiven Merkmale, sondern geschehen ebenso in anderen Städten.
Wenn der Neujahrsempfang in Zukunft weiterhin stattfinden soll, ist eine grundlegende Neuausrichtung notwendig. Gratisgetränke sollten in einer verschuldeten Kommune der Vergangenheit angehören. Die Bürgerinnen und Bürger kommen auch ohne solche Anreize, wenn die Veranstaltung inhaltlich interessant und relevant gestaltet wird. Der Fokus sollte auf einer echten, transparenten und neutralen Darstellung des Zustands der Stadt liegen – ohne politische Selbstdarstellung und ohne Wahlkampfshow.