Cuxhaven – Vor über einem Jahrzehnt, im Jahr 2012, wurde Cuxhaven im Zeitschriftenmagazin der Spiegel als eine Stadt beschrieben, die möglicherweise eine Vorreiterrolle in der demografischen Entwicklung Deutschlands einnehmen könnte. Damals wurde prognostiziert, dass die Bevölkerungszahl bis 2030 auf 39.000 sinken und die Nachfrage nach Wohnraum entsprechend abnehmen würde. Doch die Realität sieht anders aus.
Trotz der damaligen Vorhersagen steht heute kein einziges Haus in Altenwalde leer. Die Stadt Cuxhaven sieht sich sogar mit einer neuen Herausforderung konfrontiert: der steigenden Nachfrage nach Mietwohnungen. In einer kürzlichen Sitzung des Bauausschusses wurde diskutiert, ob es mehr Mietwohnungen geben sollte.
Firat Erol, ein lokaler Immobilienmakler, bestätigt diesen Trend. „Die Cuxhavener Bürgerinnen und Bürger suchen Mietwohnungen. Und nicht nur irgendeine Wohnung, sondern gute Wohnungen in einem guten Zustand. Daran mangelt es“, sagt Erol. Er berichtet auch von einem wachsenden Interesse von Menschen aus Nordrhein-Westfalen, Süddeutschland und der Schweiz, die Immobilien in Cuxhaven kaufen möchten.
Michael Karwarth, ein weiterer Immobilienmakler und Immobilienverwalter aus Cuxhaven, teilt diese Ansicht. „Viele meiner Kunden kommen von außerhalb und suchen Einfamilienhäuser zum Kauf. Aber der Markt ist schwierig. Die Zinsen bewegen sich kaum und es fehlt an sozial gefördertem Wohnungsbau“, erklärt Karwarth.
Ein weiterer Experte, Günther Heße, der in wenigen Tagen sein 30. Firmenjubiläum feiert, bringt seine langjährige Erfahrung in die Diskussion ein. „Für meine Cuxhavener Kunden benötige ich alles – Mietwohnungen, Einfamilienhäuser und sozialen Wohnungsbau. Die Nachfrage ist enorm und das Angebot kann nicht mithalten“, betont Heße.
Trotz der Herausforderungen gibt es auch positive Entwicklungen in der Stadt. Karwarth lobt die Arbeit der städtischen Wohnungsbauunternehmung „Die Siedlung“. „Wo sie sanieren, sanieren sie gut und pfiffig“, sagt er.
Allerdings gibt es auch Kritik an der aktuellen politischen Führung. Silvio Stoffel, der FDP Stadtverbandsvorsitzende, äußert sich deutlich: „Die Kooperation aus SPD, Grünen und Cuxhavenern hat das Problem der Wohnraumsituation zwar erkannt, jedoch in den letzten zwei Jahren nicht einen Quadratmeter Wohnraum geschaffen. Es werden lediglich Absichtserklärungen abgegeben, konkrete Maßnahmen bleiben jedoch aus.“ Stoffel fügt hinzu: „Mit der Nichtrealisierung der Bebauung am Lohmsmoor haben die Ratsmitglieder der Kooperation, die mehrheitlich in Einfamilienhäuser wohnen, 70 Familien in der Niedrigzinsphase den Traum vom Eigenheim genommen.“
Die Wohnraumsituation in Cuxhaven zeigt, wie schwer es ist, langfristige Prognosen über demografische und wirtschaftliche Entwicklungen zu treffen. Was vor einem Jahrzehnt noch als gegeben angesehen wurde, hat sich inzwischen als nicht zutreffend herausgestellt. Cuxhaven hat sich als widerstandsfähig gegenüber den Prognosen erwiesen und steht heute vor neuen Herausforderungen und Chancen im Wohnungsmarkt.